Stellen Sie sich vor, Sie haben ein paar
Geldstücke in einen Cola-Automaten gesteckt, und nichts passiert. Sie
bekommen Ihr Geld nicht zurück, und Sie bekommen auch keine Cola. Was tun
Sie als nächstes? Wenn Sie wie die meisten Leute sind, treten Sie den
Automaten. Das kann funktionieren. Übel durchgeschüttelte Automaten geben
manchmal mürrisch ruckelnd nach.
Wenn das Treten des Automaten nicht genügt,
sehen Sie sich wahrscheinlich nach einem Fachmann um - jemandem mit einem
Schlüssel, der den Automaten öffnen und Ihnen Ihr Geld zurückgeben kann.
Oder nach jemandem, der befugt ist, Ihnen Ihr Geld zu erstatten und den
Automaten später zu maßregeln (oder gar zu reparieren).
Wenn nichts von alledem Erfolg hat und Sie
reich sind, könnten Sie auch damit fortfahren, Geldstücke an den Automaten
zu verfüttern, in der Hoffnung, irgendwann werde vielleicht einmal eine
Cola dabei herausspringen.
Mehr oder weniger ist das die Methode des
Umgangs mit Kindern, zu der das Bildungssystem die Lehrer drängt. Das
Wissen wird präsentiert, und wenn die Schüler lernen, schön und gut.
Wenn nicht, geschieht eines der folgenden vier
Dinge: Man bestraft die Schüler (wie man den Cola-Automaten tritt). Oder
man ruft einen Fachmann, der sie wieder in Ordnung bringt. Oder man meldet
Sie einer Autorität (einem Elternteil oder anderen Verantwortlichen), die
sich die Schüler später garantiert noch einmal zur Brust nimmt.
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Und wenn nichts von alledem Wirkung zeigt,
lässt man sie eben alles noch einmal von vorne machen.
Die gängige heutige Schulpraxis unterscheidet sich nicht wesentlich davon.
Wohl gibt es einige erleuchtete Unterrichts-Theorien, und manche Lehrer
können Kinder motivieren, indem sie sie liebevoll behandeln oder ihre
Klassenzimmer ungewöhnlich ansprechend gestalten oder einfach
hervorragenden Unterricht anbieten.
Das Erziehungssystem als ganzes
behandelt Jugendliche allerdings meist so, wie Sie und ich einen
Cola-Automaten behandeln würden. Man reicht die Tests herein und erhält die
Testergebnisse zurück. Wenn die Testergebnisse nicht befriedigend
ausfallen, bestraft das System, wendet sich an einen Experten oder zieht
Autoritäten zu Rate. Wenn das alles versagt, schreit es das arme, verwirrte
Kind zornig und wütend an: "Es gibt keine Entschuldigung für Dich, das
nicht zu können - noch mal !"
Das wäre ja auch alles prima, wenn ein Kind genauso wäre wie ein
Cola-Automat, denn unsere Art des Umgangs mit Cola-Automaten ist
normalerweise ganz angemessen. Da aber Kinder intelligente lebende Wesen
sind und keine Cola-Automaten, ist es auch nicht angemessen, sie wie
Automaten zu behandeln.
(aus:
Das
alltägliche Genie
von Peter Kline) |